
Die Freude an der Musik und die Lust am gemeinsamen Musizieren waren die treibenden Kräfte für die Gründung der „Musikvereinigung Himmelsthür“ am 30. April 1925. In einer Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs nach dem Ersten Weltkrieg versammelten sich siebzehn Männer des Posaunenchors der Christus-Gemeinde Moritzberg im Gasthof Kreuzkam (heute Zum Osterberg), um ihren Wunsch nach einem Himmelsthürer Musikverein Wirklichkeit werden zu lassen. Bereits im Protokollbuch der Gründungsversammlung ist zu lesen: “Schon lange regte sich in der Gemeinde der Wunsch, hier am Orte einen Musikverein zu gründen. Am Donnerstag, 30. April 1925, wurde dieser Wunsch zur Tat.”
Die erste Vereinsversammlung legte die organisatorischen Grundlagen für den jungen Musikverein. Schuhmachermeister Heinrich Hartmann wurde zum ersten Vorsitzenden gewählt und gab den Mitgliedern eine klare Richtung vor: „Jeder soll sein Bestes geben, damit der Verein zu Ansehen in der Gemeinde kommt.“ Zu weiteren Vorstandsmitgliedern wurden Johannes Helmsen senior (2. Vorsitzender), Willi Strüber (Schriftwart), Heinrich Ahrens (Kassierer), Karl Westphal (Stellvertretender Dirigent) und Emil Fahrenholz (Notenwart) bestimmt.
Zur finanziellen Absicherung wurde eine Aufnahmegebühr von 2 Mark sowie ein monatlicher Beitrag von 50 Pfennig festgesetzt. Die Finanzierung der ersten Instrumente und Noten stellte eine Herausforderung dar, doch die Mitglieder zeigten großen Einsatz und sammelten in der Gemeinde Spenden, um die Kosten zu decken. Geprobt wurde einmal pro Woche, das Vereinslokal blieb der Gasthof Kreuzkam.
Die Gründung der Musikvereinigung Himmelsthür fiel in eine Zeit der gesellschaftlichen und politischen Veränderungen, die sich auch im Vereinswesen widerspiegelten. In der Weimarer Republik entstanden zahlreiche neue Vereine. Die Menschen suchten Gemeinschaft, Halt und neue Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Auch in Himmelsthür gab es eine rege Vereinslandschaft: Nach dem 1. Weltkrieg hatten der Männergesangverein Einracht und die Freiwillige Feuerwehr, beide im Jahr 1883 gegründet, sowie der Turnverein „Gut Heil“ von 1910 ihren Vereinsbetrieb wieder aufgenommen und verzeichneten einen starken Zulauf.
Von den 17 Gründern des Musikvereins waren die meisten auch in anderen Vereinen aktiv. Fast alle gehörten auch dem Männergesangverein Eintracht an wie etwa der komplette Vorstand oder auch der Himmelsthürer Friseur Albert Günther, der darüber hinaus aktives Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr war. Die Vorstandsmitglieder Heinrich Hartmann und Heinrich Ahrens betätigten sich später auch politisch als Abgeordnete im Himmelsthürer Gemeinderat.
Himmelsthür selbst befand sich in der Zwischenkriegszeit in einer Phase des Wachstums. Es herrschte eine große Wohnungsnot. Auch wenn 50 Männer im 1. Weltkrieg gefallen oder an den Folgen des Krieges gestorben waren, hielt der starke Bevölkerungszuwachs, der in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts durch die zunehmende Industrilisierung Hildesheims begonnen hatte, weiter an. Allein zwischen 1898 und 1927 ist die Einwohnerzahl von 1393 auf 2026 gestiegen. Der alte Dorfkern und die zu Beginn des 20. Jahrhunderts neu erschlossenen Wohngebiete im Bereich der heutigen Straßen Hoher Turm / Am Kupferstrange (damals Stadtweg) und am Linnenkamp (damals Hafenstraße) reichten nicht mehr aus. Um die vorherrschende Wohnungsnot der arbeitenden Klassen zu lindern, wurde daher im jahr 1924 eine Spar- und Siedlungsgenossenschaft gegründet, die ein weiteres Wohngebiet im Bereich Tannenweg/Birkenweg anstrebte. Von dem rasanten Anstieg der Einwohnerzahlen profitierten natürlich auch die Vereine. So entwickelte sich aus der kleinen Gruppe von Musikbegeisterten, die sich 1925 zusammenschloss, schnell ein stattlicher Verein, der bis heute das kulturelle Leben in Himmelsthür maßgeblich geprägt hat.