Die serbisch-orthodoxe Kirche („Frauenheimer Kirche“)

Neben den Türmen von St. Martinus und der Pauluskirche prägt noch ein dritter das Himmelsthürer Dorfbild. Es ist der Kirchturm des serbisch-orthodoxen Klosters in der Oberen Dorfstraße. Der markante Backsteinbau im neugotischen Stil hat eine bewegte Geschichte hinter sich.

Ursprünglich handelte es sich bei dem Bauwerk um die Kapelle des ehemaligen Frauenheims. Diese Einrichtung für Frauen in schwierigen Verhältnissen war von Pastor Isermeyer zunächst in Achtum im Jahr 1884 gegründet worden. 3 Jahre später erfolgte der Umzug nach Hildesheim nach Erwerb des Kokenhofes. Nach dem Bau von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden ließ Isermeyer 1902 auch eine Kapelle als Heimkirche errichten, die vom Volksmund den Namen „Frauenheimer Kirche“ erhielt.

Aus dem Frauenheim wurde nach dem Ersten Weltkrieg eine Behinderteneinrichtung, die nach dem Zweiten Weltkrieg um eine Entbindungsstation erweitert wurde. Als Anfang der 1970er Jahre die Gebäude baufällig geworden waren, zog das Frauenheim nach Sorsum um und wurde in „Diakonische Werke Himmelsthür“ umbenannt.

Als schon Abbruchpläne diskutiert wurden, fand sich für die Frauenheimer Kirche zum Glück ein Käufer in der serbisch-orthodoxen Diözese für Westeuropa. Nachdem der Kauf mit großer Unterstützung des damaligen Ortsbürgermeisters Johannes Stelzer vollzogen war, erfolgte die Umgestaltung der Kirche für die orthodoxe Liturgie durch Einbau einer Ikonostase und Ausmalung mit Wandfresken im byzantinischen Stil. Dabei leisteten viele Himmelsthürer/-innen ehrenamtliche Hilfe, allen voran Mitglieder der Kolpingfamilie.

Am 3. Juni 1979 wurde die Kirche auf den Titel „Entschlafung der allheiligen Gottesgebärerin“ geweiht. Der erste Bischof der serbischen orthodoxen Kirche in Deutschland, Lavrentije Trifunovic (1935-2022), kirchliches Oberhaupt von hunderttausenden Serben in Westeuropa, verlegte seinen Sitz von Düsseldorf nach Himmelsthür und gründete an seiner neuen Bischofskirche auch ein Kloster. Lavrentije, der erste „Himmelsthürer Bischof“, pflegte einen guten Kontakt zum Ort, vor allem zu den beiden Kirchengemeinden. Ein Höhepunkt der ökumenischen Zusammenarbeit war die gemeinsame Lichtfeier im Jahr 1989, als die Ostertermine der West- und Ostkirchen nach dem gregorianischen und julianischen Kalender zusammenfielen. Als Lavrentijes Nachfolger Konstantin Dokic, unter dem die Kontakte zwischen dem serbisch-orthodoxen Zentrum und dem Ort in Zeiten des Jugoslawien-Krieges spürbar nachließen, wegen des Verdachts der Untreue suspendiert worden war, verlegte der neue Bischof Sergije Karanovic von Himmelsthür nach Frankfurt am Main. In Himmelsthür blieb das serbisch-orthodoxe Zentrum erhalten, in dem nun eine Klostergemeinschaft von Nonnen aus verschiedenen Ländern lebt, deren Konvent seinen Hauptsitz in Griechenland hat. Die Schwestern beten und arbeiten in ihrem neuen Domizil. Sie übersetzen Texte, malen Ikonen, stellen pflanzliche Salben her, binden Bücher, nähen und schreiben und beschäftigen sich mit den Traditionen des byzantinischen Gesangs.

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