Herzlichen Glückwunsch liebes Himmelsthür! Nur einen kleinen Wimpernschlag deiner Existenz kenne ich dich, doch welcher Ort würde besser zu einem Pfarrer oder einer Pastorin passen als Himmelsthür? Wo auch das himmlische Postamt ist und mehr als 50.000 Briefe pro Jahr beantwortet werden – naja – mit Außenstelle natürlich.
Himmelsthür schon dein Name vermittelt Geborgenheit und Wohlgefühl. Das Tor zum Himmel, zu einem himmlischen Leben?
Dabei ist die Entwicklung deines Namens nicht vollständig geklärt. Bei deiner ältesten noch erhaltenen Erwähnung in einer Urkunde des 11. Jahrhunderts unter Kaiser Heinrich II, wirst du noch Hemmitesdurie bzw. Hemethesdoron (1022) genannt (Liederzettel Rückseite). Wobei Duru soviel wie Durchgang bzw. Tor meint. Über den Himmel in deinem Namen besteht noch Uneinigkeit, vielleicht stand er ursprünglich für Schutzwall. Doch sicher ist – Himmelsthür, du bist ein Tor zu vielen Lebensorten und ein Zuhause für so viele Lebensgeschichten.
„Suchet der Stadt Bestes und betet für sie, baut Häuser und wohnt darin“ (Jer. 29,7). Gestaltet einen Lebensraum, in dem Menschen gut wohnen und arbeiten und leben können; in dem Familien und Generationen gedeihen. In dem Menschen aufeinander achten.
Vom Beginn als hier bei dir, Himmelsthür, etliche Hofstellen im Eigentum des Hildesheimer Bischofs Bernward standen, über die Reformation, den 30 jährigen Krieg, deine Blüte im 17. und 18. Jahrhundert mit dem Bau von Herrenhäusern, die industrielle Revolution, Zerstörung in den Weltkriegen und das Wachsen durch Heimatvertriebene, die hier in Dir ihr neues Zuhause fanden, mit deiner Entwicklung und dem Wachstum bis heute. Ich möchte nicht zu viel erzählen, denn beim Spaziergang mit Herrn Stock haben Sie, morgen die Möglichkeit eine Zeitwanderung durch die Geschichte unseres schönen Himmelsthür zu machen.
In den bereits über 1000 Jahren deines Bestehens hast du, Himmelsthür, viele Lebensgeschichten kennengelernt und einiges erlebt – Individuelles: Menschen, die hierhergekommen sind, weil sie eine neue Heimat und ein neues Zuhause gesucht haben, Menschen, die von hier weggegangen sind, in andere Städte, dahin, wo sie sich vielleicht eine bessere Zukunft versprochen haben. Immer wieder wandelt sich die Stadt, gedeiht und erleidet Rückschläge.
Suchet der Stadt Bestes und betet für sie, denn wenn’s ihr wohl geht, so geht’s euch auch wohl. Vor mehr als 2600 Jahren verfasste der Prophet Jeremia die Worte, die unsere Feierlichkeiten heute begleiten und die wir uns für all deine Bewohner*innen, liebes Himmelsthür, erwünschen. Der Prophet Jeremia richtet diese Worte an seine Landsleute in Babel, denn damals waren einige Tausend Juden vom babylonischen König Nebukadnezar ins Exil nach Babylon verschleppt worden: „Meint doch nicht, ihr wäret durch einen Zufall oder Unfall der Weltgeschichte hierher gekommen. Das ist der Ort, an dem Gott euch leben lassen möchte. Los, packt eure Koffer aus und setzt euch für das Gemeinwesen ein. Entdeckt doch das Schöne und Positive. (V. 11.) Dies ist der Schlüssel. Hier ist der Ansatzpunkt, der „Stadt Bestes zu suchen“. Die Stadt ist unsere große Gestaltungsaufgabe. Wenn ich mich an einem Ort zu Hause fühle, dann beginne ich, diesen Ort positiv zu gestalten. Suchet der Stadt Bestes, Suchet – das meint mehr als nur zu meckern über das was vielleicht schlecht läuft. Suchet! Fragt nach! Es meint ein Hinhören, Wahrnehmen, Reden, Diskutieren, Kompromisse eingehen.
Suchet der Stadt Bestes, das haben viele Bürger:innen in den vergangenen 1000 Jahren getan, so bist du, Himmelsthür, immer mehr gewachsen wie das Geweih eines Hirsches, hin zum Zwölfender – wobei wir nur sechs davon sehen (Wappen). Und ich stelle fest, wie viel bürgerschaftliches Engagement und welch großes Zusammengehörigkeitsgefühl hier zu finden ist. Da ist Raum für unterschiedliche Wege, an Gott zu glauben und diesen Glauben zu leben. Da ist Raum für unterschiedliche Weisen, Familie und Gemeinschaft zu leben, in den Vereinen und Verbänden, in Chören, Gruppen und Kreisen. Da ist Raum für Menschen mit geistigen oder körperlichen Einschränkungen (Diakonie). So bist du Himmelsthür ein Zuhause für Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen und Lebenswegen. Menschen, welche die verschiedensten Verbindungen zu bestimmten Orten hier in Himmelsthür haben: Lieblingsorte – die Bank am Ehrenmahl, die Innerste, das ehemalige Bundeswehrgelände – oder ganz andere. Auch Orte die wir vielleicht nicht so mögen: die Bahnübergänge. Jeder und jede von Ihnen hat verschiedene Blickrichtungen: Suchet der Stadt Bestes. Was wäre das Beste, was wäre gut, was wäre heilsam für unser Himmelsthür? Was sind die ganz konkreten Dinge? Jeder hat seinen Fokus, der eine sieht vielleicht die Nachbarschaft, die Hausgemeinschaft, eine andere will vielleicht lokal einkaufen, Händler in der Stadt stärken, ein anderer möchte Baumpate werden. Und dann gibt es Menschen, die sehen dasselbe und haben verschiedene Ideen was da gut und heilsam wäre.
Suchet der Stadt Bestes und betet für sie. Dabei geht es um mehr als nur ein Herr segne unsere Stadt. Was sind die ganz konkreten Dinge, für die ich beten möchte und soll. Dieses konkret beten kann uns selber verändern. Dabei lässt Gott uns nicht allein mit dieser Aufgabe, sondern sagt uns seinen Beistand und Segen zu: „Ich weiß wohl was ich für Gedanken über euch habe, spricht Gott: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung.“ (Jer. 29,11)
Es ist wunderbar, dass in Himmelsthür schon so viel geschieht, in Kindergärten und in Schulen, in sozialen Einrichtungen, in der Bürgerschaft und in der Verwaltung, von den vielen engagierten Bürger:innen, sowie von den Vereinen, Verbänden und Initiativen, von den verschiedenen christlichen Gemeinden und den aktiven Gemeindegliedern. Alle diese rührigen Himmelsthürer:innen denken nicht in erster Linie an sich, sondern suchen an ihrer Stelle „dein Bestes“. Gott braucht Menschen, die sich von seiner Wirklichkeit anrühren lassen und somit die Wirklichkeit dieser Welt verwandeln. Und je mehr du dich entwickelst und es dir „wohl ergeht, Himmelsthür, so wird es auch allen Bewohner:innen wohl gehen“. Denn unser Leben ist kein Leben hinter verschlossenen Türen.
Suchet der Stadt Bestes – Es ist ein gemeinsamer Ort, in dem wir leben, den wir gemeinsam erhalten und bewahren, weiterentwickeln und beleben dürfen. Dazu helfen unterschiedliche Ideen und verschiedene Gaben. Gleichzeitig bedarf es neben der Wahrnehmung der Verschiedenheit auch den Willen zum Zusammenleben. Und es braucht die, die immer mal wieder an verschlossene Türen klopfen, die nachfragen, ob es gut geht oder etwas fehlt. Dazu braucht es Menschen, die den ersten Schritt machen, wenn es Streit gab und eisiges Schweigen herrscht. Dazu braucht es Menschen, die Türöffner sind und willkommen heißen, die gastfreundlich sind und ihre Tür aufmachen. Dazu braucht es Menschen, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und sich für das Zusammenleben und die Gemeinschaft zu engagieren. Der Glaube an Gott stiftet dazu an, denn Gott gibt uns die Kraft für immer wieder erste Schritte, für den Mut zur Versöhnung; für die Geduld, auch anderen Meinungen zuzuhören; für die Energie, nicht nur für sich etwas zu tun, sondern auch für andere. Und Gott gibt das Dach über allem und das Fundament unter allem, Glaube, Hoffnung und Liebe. Auf diesem Fundament aufbauend wünsche ich dir, liebes Himmelsthür, Segen und Frieden für die nächsten 1000 Jahre. Wir sind berufen, dem Leben zu dienen, das Gott uns geschenkt hat, an dem Ort, an den er uns geführt hat, zusammen mit den Menschen, die hier leben. An dem Ort mit dem wohl schönsten Namen – nicht nur für Pfarrer und Pastorinnen. Amen.