Am Abend des 20. März 2025 erinnerte Ortsbürgermeister Dr. Christian Stock in einem Vortrag an die schwersten Tage in der Geschichte Himmelsthürs: die Zerstörung des Ortes im März 1945. Anlass war der 80. Jahrestag der verheerenden Bombenangriffe, die Himmelsthür – als einziges Dorf im Umland – nahezu vollständig zerstörten.
Der Vortrag fand im Seminarraum der neuen Sporthalle der Realschule Himmelsthür statt und stieß auf eine deutlich höhere Resonanz als erwartet. 65 Bürgerinnen und Bürger folgten der Einladung, so dass der Raum bis auf den letzten Platz gefüllt war. Kurzerhand wurden zusätzliche Sitzmöglichkeiten in Form von Turnbänken bereitgestellt – ein Zeichen für das große Interesse an der lokalen Geschichte.
Dr. Stock zeichnete anhand eindrucksvoller Zeitzeugenberichte die dramatischen Ereignisse nach, die sich zwischen dem 15. und 22. März 1945 abspielten. In diesen Tagen wurde Himmelsthür massiv bombardiert. Von den 224 Häusern des Ortes wurden 185 beschädigt oder zerstört – lediglich 39 blieben unversehrt. Besonders betroffen waren das Pfarrhaus, die katholische Schule in der Schulstraße und die St. Martinus-Kirche, deren Turm einstürzte und deren Inneres nahezu vollständig vernichtet wurde.
Doch Dr. Stock beleuchtete nicht nur die Ereignisse der letzten Kriegstage, sondern spannte den historischen Bogen zurück bis ins Jahr 1933 – dem Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft. Er schilderte, wie sich das politische und gesellschaftliche Leben in Himmelsthür unter dem Einfluss der Nationalsozialisten tiefgreifend veränderte. Während der Ort in der Weimarer Republik eine demokratische Hochburg war – bei der Reichstagswahl 1930 erreichte die NSDAP hier nur 7,8 Prozent – gelang es den Nationalsozialisten dennoch, die Macht auch in Himmelsthür zu übernehmen. Die Gleichschaltung des Gemeinderats begann bereits kurz nach der Wahl von 1933, obwohl das Zentrum zunächst noch die Mehrheit hatte.
Mit großer Deutlichkeit zeigte Dr. Stock, wie sich die Vereine des Ortes – etwa der Männergesangverein „Eintracht“ – dem NS-Regime beugen mussten, wie das Führerprinzip eingeführt wurde und die Gleichschaltung bis ins Vereinsleben reichte. Auch die kirchlichen und sozialen Einrichtungen wie das Frauenheim oder der Bernwardshof wurden in ihrer Arbeit beschnitten und dem ideologischen Zugriff der Nationalsozialisten unterworfen. Ein besonderes Augenmerk legte Dr. Stock auf die Schicksale jüdischer Bewohnerinnen, die aus dem Frauenheim deportiert wurden – vermutlich mit tödlichem Ausgang.
Eindrücklich waren auch seine Ausführungen zum Alltag im Krieg: erste Bombenabwürfe 1940, die Verwüstung der Industrieanlagen 1944, die Auslagerung kirchlicher Kunstwerke und der Bau von Bunkern. Der Horror gipfelte in den Angriffen vom 14., 15. und 22. März 1945, bei denen nicht nur Häuser und Institutionen zerstört, sondern auch mehrere Menschen getötet wurden – darunter zwei 15-jährige Lehrlinge und ein Sanitäter.
Die Veranstaltung endete mit einer offenen Fragerunde, in der sich viele Zuhörerinnen und Zuhörer auch persönlich zu Wort meldeten. Einige berichteten von Erzählungen aus ihren Familien, andere zeigten sich bewegt vom Schicksal des Dorfes und seiner Bewohner.