Himmelsthür Dem Himmel so nah!
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Vortragsabend „Das Gräberfeld auf dem Himmelsthürer Bernwardshof“

Im Rahmen des Jubiläumswochenendes „1000 Jahre Himmelsthür“ veranstaltete der Ortsrat einen Vortragsabend in der Mensa des Gymnasiums Himmelsthür. Rund 40 interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer hatten sich eingefunden, um dem Hildesheimer Stadtarchäologen Christoph Salzmann zu lauschen, der über die jüngst entdeckten Skelettfunde auf dem Bernwardshof sprach.

Salzmann begann seinen Vortrag mit der Entstehungsgeschichte der archäologischen Untersuchung: Ein Bauantrag für eine Privatstraße auf dem Bernwardshof – einem historisch interessanten Gelände aufgrund früherer Funde aus dem Neolithikum – hatte eine archäologische Begleitung erforderlich gemacht. Diese wurde von November 2019 bis Februar 2020 durchgeführt und brachte erstaunliche Entdeckungen ans Licht.

Während die geplanten Bauflächen und die Straße selbst keine besonderen Befunde lieferten, wurden in tiefer gelegenen Bereichen für Versorgungsleitungen und Abwasserrohre insgesamt zwölf Gräber gefunden. Besonders hervorzuheben sind fünf der Bestattungen, bei denen die Toten in sogenannten Baumsärgen beigesetzt worden waren. Diese ausgehöhlten Eichenstämme, die in Hildesheim bislang nicht dokumentiert waren, stellen eine archäologische Besonderheit dar.

Die Gräber waren frei von Grabbeigaben, was auf eine christliche Bestattung hindeutet. Eine dendrochronologische Untersuchung eines Baumsarges ergab, dass die verwendete Eiche im Jahr 760 gefällt wurde. Eine ergänzende C14-Analyse der Knochen datierte die Bestattungen in die Zeit zwischen 775 und 987. Dies führte zu der Frage, ob es sich bei den Verstorbenen um die frühesten Himmelsthürer handelte oder um Menschen, die aus anderen Regionen stammten und ihre Gebräuche mitgebracht hatten. Eine geplante isotopische Untersuchung der Zähne könnte Aufschluss darüber geben.

Salzmann beleuchtete auch Einzelschicksale, die durch die Funde rekonstruiert werden konnten:

Ein Kind im Alter von 7 bis 11 Jahren zeigte Spuren von Krankheit und Mangelernährung.

Ein etwa 40- bis 60-jähriger Mann wies eine „Reiterfacette“ am Oberschenkelknochen auf, die auf häufiges Reiten hindeutet. Ein Schlüsselbeinbruch könnte von einem Sturz stammen.

Ein 35- bis 45-jähriger Mann hatte eine beeindruckende Kopfverletzung, vermutlich durch eine Klinge, überlebt. Seine kräftigen Wadenmuskeln deuteten ebenfalls auf häufiges Reiten hin.

Die Funde belegen, dass im Zentrum von Himmelsthür bereits um 800 Menschen über mehrere Generationen lebten. Die Skelettfunde verteilen sich auf verschiedene Altersgruppen und Geschlechter, wobei einige Spuren intensiver Reittätigkeit die Vermutung nahelegen, dass es sich um fränkische Panzerreiter handeln könnte.

Eine Ausstellung der Funde ist nicht geplant. Stattdessen sollen die sterblichen Überreste erneut auf einem Friedhof beigesetzt werden – möglicherweise mit einer Gedenktafel. Zudem wird eine wissenschaftliche Publikation erwartet, die die Ergebnisse der Untersuchungen zusammenfasst. Der Vortrag von Christoph Salzmann stieß bei den Anwesenden auf großes Interesse und regte zu weiterführenden Diskussionen an. Die Zuhörer blicken gespannt auf die Ergebnisse künftiger Forschungen, insbesondere auf die noch ausstehende Analyse der Zähne.

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